Falls jemand die Gelegenheit hat „Sem Dhul – Die Wiederkehr“ auf großer Leinwand zu sehen, sollte er diese unbedingt wahrnehmen. Gelegenheit dürfte sich freilich bestenfalls dann ergeben, wenn die lokale Tibet-Initiative einen entsprechenden Event organisiert. Somit lässt sich schon erahnen, dass es sich um einen „politischen“ Film handelt. Dabei darf man aber anmerken, dass man das dem Film eigentlich nicht anmerkt. Es wird also nicht mit dem erhobenen Zeigefinger gearbeitet, sondern eher in den Zwischentönen ist etwas über die Kultur der Tibeter und ihr Schicksal zu erfahren. Überraschend für einen Film, der irgendwie mit Tibet zusammen hängt, beginnt er mit einer Surfszene am Strand der Nordsee. Geschickt verknüpft Ralf Bauer eine Wette zwischen Surfer und Kiter, mit dem Leben eines Aussteigers im Himalaya und fiesen Machenschaften um eine Immobilie. Und hin und wieder gibt es da dann auch die ein oder andere Anspielung, auf chinesische Machenschaften beispielsweise im Zug der sogenannten Neuen Seidenstraße.

 

Soviel zu Handlung: Ein paar Freunde müssen ihren Strand vor den Mächten des Bösen oder vielmehr der Gier retten. Auf der „Heldenreise“ muss dann freilich noch ein Mitglied aufgelesen werden. So mäandert der Film zwischen Roadmovie, teils per Esel, Drama, Doku und Wirtschaftskrimi. Alles mit einem gewissen Grad an Komplexität, der einen aufmerksamen Zuschauer erfordert.
Ralf Bauer ist ein mutiger Regisseur, nicht nur was das politische angeht, sondern auch in der Gestaltung des Filmes. So setzt er hin und wieder Splitscreen ein. Keine Notlösung, weil zwei Menschen miteinander telefonieren, sondern als gestalterisches Element, das beispielsweise die Weite der Nordsee einfängt. Überhaupt ungewohnte Perspektiven, die sich aber nicht in den Vordergrund drängen, sondern die Stimmung unterstreichen. Dabei sind allein die stimmungsvollen Aufnahmen der Landschaft des Himalayas den Gang ins Kino wert
Über die Verwendung dokumentarischen Material mit Fiktion mag man freilich geteilter Meinung sein. Wo endet die Wahrheit, wo beginnt die Phantasie? Doch genau das verleiht dem Film Authentizität. So lebte Ralph Bauer selbst mit buddhistischen Mönchen und organisiert Hilfe für Flüchtlinge aus Tibet und Indien.
Der Gegensatz zwischen dem eher an die Bedürfnisse aller orientierte Leben der Tibeter und dem nach Materialismus gierendem Leben im „Westen“ bildet den Hintergrund des Filmes. Mitunter sind die Gegensätze sehr kontrastreich, wenn ein hektisch agierender und gestikulierender Europäer auf einen gelassenen Mönch trifft. Manchmal scheinen sie aber auch zu verschwimmen, wenn aus dem Kampf der Surfer und Kiter mit Wind und Wellen ein Spiel mit den Elementen wird, in dem sich trotz des eigentlichen komparativen Charakters - irgendwie wird ja letztlich der Kampf um das Stück Strand dann doch im Wettkamp Mann gegen Mann ausgetragen - dann doch so etwas wie Gemeinschaft entwickelt.
Summa Summarum ein schon allein von den Bildern her sehr schöner Film, durchaus spannend und kann einen mit ein paar grübelnden Gedanken zurücklassen.

Regisseur und Schauspieler plauderte über Dreharbeiten und Anekdoten
und beantwortete viele Fragen aus dem Publikum.